RADG 12: Was ich anhand von Verkehrsregeln fürs Leben lernen konnte

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Richtige Kommunikation - Ein geordneter Ablauf ohne Missverständnisse.

Wie auch im Straßenverkehr kommt es im Zwischenmenschlichen zu Unfällen, Chaos und Stau. Doch wie entstehen solche Situationen? Gerade im Alltag und im Geschäft können Dich Missverständnisse aufhalten, aus der Bahn werfen und teuer zu stehen kommen.

Wie Du diese Fettnäpfchen jedoch zu umgehen und klar zu kommunizieren lernst, erläutert Alex in diesem Teil des Hörbuchs mehr als ausführlich. Bist Du bereit für eine wichtige Lektion in Sachen Kommunikation? Dann hör’ jetzt rein!

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Transkript zur Hörbuchfolge

Ein Gespräch bewirkte scheinbar wahre Wunder

Einmal beobachtete ich eine absolute Spitzenführungskraft im Gespräch mit einem Mitarbeiter. Dieser war sehr niedergeschlagen,
da er wohl immer wieder Schwierigkeiten mit seiner Lebenspartnerin hatte. Eine Woche später bekam ich in der Kantine mit, dass dieser Mitarbeiter die Tipps der Führungskraft mit unglaublichem Erfolg angewandt hatte.

Sein Verhältnis zu seiner Lebenspartnerin hatte sich innerhalb einer Woche um 180 Grad gedreht. Das hätte ich nicht im Geringsten für
möglich gehalten, und deswegen bat ich die Führungskraft ebenso um ein Gespräch. Ich wollte wissen, mit welchen Tipps sie es geschafft hatte, das Leben dieses Mannes in so kurzer Zeit so nachhaltig zu verändern.

Wie hatte er das gemacht?

Auf meine Frage hin antwortete er: „Weißt du, Alex, die Menschen sehen meist den Wald vor lauter Bäumen nicht.“

Na toll, er sprach in Rätseln. „Schau mal, schon Konrad Adenauer sagte: ‚Lassen Sie uns doch zuerst die Begriffe definieren, bevor wir uns streiten.‘“ Und, wo war jetzt der magische Trick?

In der Fahrschule

Er sah die Ungläubigkeit in meinem Gesicht und fuhr fort: „Alex, lass mich ein bisschen ausholen. Erinnere dich an die Theoriestunden in der Fahrschule. Speziell die Verkehrszeichen. Dort wurde sehr genau erklärt und definiert, was jedes dieser Verkehrszeichen bedeutet.

Beispielsweise beim Stopp-Schild weiß jeder deutsche Fahrschüler, dass die Reifen vollständig zum Stehen kommen müssen, man langsam bis zur Sichtlinie vorrollt, dann rechts und links schaut und erst, wenn nichts zu sehen ist, die Straße überquert wird.“ Ja, ich erinnerte mich. Aber worauf wollte er hinaus?

„Jetzt meine Frage: Was sind denn eigentlich Verkehrszeichen?“ Na ja, einfach Zeichen, die die Regeln vorgeben. Er korrigierte mich: „Nein. Verkehrszeichen sind Symbole, die eine feste Bedeutung haben.

Symbole, die eine feste Bedeutung haben? Ich dachte darüber nach. Ja, stimmt, jedes einzelne Verkehrszeichen ist ein eigenes Symbol mit einer fest definierten Bedeutung. Und nun?

„Nun habe ich eine Frage an dich, Alex: Was sind denn eigentlich Wörter?“ Dann tat er etwas Gemeines: Er hielt einfach den Mund, sagte nichts und zwang mich dazu nachzudenken. Es dauerte eine ganze Zeit, doch dann begrif ich es: „Wörter sind auch nichts anderes als Sprachsymbole, die eine feste Bedeutung haben!

Er sagte „Genau! Und dann denk mal darüber nach, wie unser Straßenverkehr wäre, wenn nicht alle Fahrschüler jedes Verkehrszeichen sehr genau definiert bekämen.“ Ich antwortete: „Na ja, es wäre wahrscheinlich völlig chaotisch, so wie in China oder in Indien …“ Er gab mir recht.

Die gemeinste aller Fragen, die mein Leben veränderte

Doch dann bereitete er die gemeinste aller Fragen vor: „Also, Alex, wir halten fest, wenn man die Bedeutung der Symbole im Straßenverkehr nicht definiert, führt das zu Chaos im Straßenverkehr.“ Ich nickte. „Okay, aber wozu führt es, wenn man allen Menschen die wichtigsten Kommunikationssymbole (Wörter) nie genau definiert, sondern die Menschen diese aus Zusammenhängen erraten müssen?“

Zunächst verstand ich nicht vollständig. Ich fragte also nach, wie er das genau meinte. Er antwortete: „Na ja, Alex, woher kommen denn die Definitionen der Straßenschilder? Aus der Straßenverkehrsordnung, dort werden sie definiert. In der Fahrschule werden diese Definitionen dann gelehrt. Und was ist denn jetzt die Straßenverkehrsordnung für Wörter?“

Ich stand wie auf dem Schlauch. Er sagte: „Die Straßenverkehrsordnung für Sprachsymbole (genannt Wörter) sind die offiziellen Wörterbücher der deutschen Sprache!“

Puh! Es dauerte eine Weile, bis diese Aussage bei mir durchsickerte. Es gab mir schon zu denken, aber das war irgendwie ein völlig neuer Denkansatz für mich. So brauchte ich wirklich eine Zeit, um mich damit anzufreunden. Aber er hatte recht. In meiner ganzen Schulzeit hatte ich nicht ein einziges Mal „die Straßenverkehrsordnung“, nämlich den Duden oder ein sonstiges Wörterbuch, gezückt. Ich hatte Wörterbücher ausschließlich für die Rechtschreibung benutzt. Die Wortbedeutungen dagegen hatte ich immer (wie all meine Mitschüler auch) nur aus den Zusammenhängen erraten.

Doch langsam begann ich, das Ausmaß zu verstehen: Eltern, die Wortdefinitionen erraten hatten, gaben diese (richtig oder falsch erraten) an ihre Kinder weiter. Die erfanden noch etwas hinzu, und somit war das Chaos perfekt. 

Mir war aber damals noch in keiner Weise bewusst, wie weitreichend dieser Fehler das Leben von Millionen von Menschen negativ beeinflusste. Was mich zu jenem Zeitpunkt jedoch viel mehr interessierte: Wie genau hatte er denn jetzt dem Mann mit den Beziehungsproblemen vom Anfang dieses Kapitels geholfen?

Subjektive Definitionen (jeder hat seine eigene Definition)

„Alex, dieser Mann sagte, dass seine Frau ihm immer vorwerfe, dass ihre Beziehung nicht gut sei. Daraufhin bat ich ihn, mir doch einmal zu definieren (gemäß Adenauer), was er denn unter ‚Beziehung‘ verstand.

Er erzählte mir dazu ausführlich seinen Gesichtspunkt, wie aus seiner Sicht eine Beziehung sein sollte und was eine Beziehung ist, und verstand überhaupt nicht, was seine Frau die ganze Zeit zu nörgeln hatte. Und das frustrierte ihn unglaublich. Ich schrieb also seine Gedanken mit und machte mir Notizen, ohne die Gesichtspunkte des Mannes in irgendeiner Form zu werten.

Als er fertig war, erzählte ich ihm einfach nur die gleiche Story über den Straßenverkehr wie dir gerade, Alex, und bat ihn um eine Sache: ‚Jetzt frage doch bitte mal deine Partnerin, und das möglichst ausführlich, wie sie denn eine gute Beziehung definiert. Und verhalte dich genauso wie ich: Sei interessiert und werte nicht die Meinung des anderen.‘

Der Mann tat dies und stellte fest, dass seine Frau eine ganz andere Definition (Vorstellungen) von einer Beziehung hatte. Seine Frau sagte zum Beispiel, dass sie eine gute Beziehung daran erkenne, dass der Mann ihr großen Respekt entgegenbringe. Und wenn ein Mann seiner Frau nicht die Autotür beim Einsteigen aufhalte, empfinde sie das als äußerst respektlos etc. Nachdem der Mann die Frau vollständig verstanden hatte, fragte er sie: ‚Schatz, ist es okay, wenn ich dir mitteile, wie ich bisher eine gute Beziehung definiert habe?‘

Und natürlich war die Frau jetzt auch sehr offen dafür. Sie haben einfach nur ihre Verkehrszeichen und Verkehrsregeln einheitlich aufeinander abgestimmt.“

Ich begann zu verstehen, jedoch begriff ich das ganze Ausmaß dieser Sichtweise erst viele Jahre später vollumfänglich.

Tinder und die Frage „Willst du eine feste Beziehung?“

Erst kürzlich saß ich in einem Café, um einige E-Mails am Computer zu bearbeiten. Neben mir saß ein Pärchen, das scheinbar sein erstes Date über Tinder (eine Dating-App) hatte. Da beide nicht besonders leise sprachen, war ich praktisch voll dabei.

Nach einigen Minuten fragte das Mädchen: „Möchtest du denn eine feste Beziehung?“, worauf der männliche Teilnehmer antwortete: „Nein, auf keinen Fall …“ Da ich so saß, dass ich beide Gesichter sehen konnte, merkte ich sofort, dass nach dieser Frage die Stimmung deutlich eingetrübt war.

Woran lag das? Ganz einfach, das Mädchen hätte die Antwort des jungen Mannes einfach nur wertfrei bestätigen und anschließend fragen sollen: „Nur dass ich es richtig verstehe, was genau verstehst du denn unter einer festen Beziehung?“

Der junge Mann hätte wahrscheinlich geantwortet: „Ich verstehe unter einer festen Beziehung Klammern, dass man gegenseitig kontrolliert wird, dass man sich auf die Nerven geht, keine Freiheiten mehr hat, dauernd Rechenschaft ablegen muss und zu Dingen gezwungen wird, die man nicht tun möchte.“

Hätte das Mädchen dieses Buch hier gelesen, würde sie nun antworten: „Danke für deine ehrliche Antwort. Nur eine Sache verstehe ich noch nicht. Wie kommst du darauf, dass das eine feste Beziehung wäre?“

Der Mann würde wahrscheinlich antworten: „Na ja, in meinen letzten beiden Beziehungen war das so, und viele meiner Freunde berichten ähnliches …“

Jetzt hätte die Frau gesagt: „Ganz ehrlich, mein lieber Tinder-Freund, wenn so eine feste Beziehung ist, dann will ich das auch nicht. Für mich war eine feste Beziehung immer etwas, bei dem man sich emotional fest zueinander hingezogen fühlt, gemeinsame Ziele hat und gemeinsam Seite an Seite dafür kämpft.

Dass man tollen und sehr vertrauten Sex hat, sich alles erzählen kann, dabei jeder seine Freiheiten hat und jeder wirklich freiwillig da ist. Für mich ist eine feste Beziehung wie ein Wellness-Urlaub, in den man zurückkehren kann, nachdem man sich mit den Problemen in der Schule und dem Berufsleben auseinandersetzen musste.“

Wie hätte unser männlicher Tinder-Teilnehmer wohl darauf reagiert? Das überlasse ich deiner Fantasie.

Neben den Wörterbuch-Definitionen (die vielen schon nicht bekannt sind) gibt es nämlich bei einigen Wörtern noch sehr, sehr subjektive
Auslegungen, wie du am Beispiel unseres Tinder-Dates gesehen hast.

Erratene Definitionen können im Business sehr teuer werden

Einer meiner Follower auf YouTube teilte mir mit, dass er bei einem Immobiliendeal vor Gericht übel Schiffbruch erlitten hatte. Folgendes war passiert:

Er hatte ein freistehendes Einfamilienhaus erworben, und im Notarvertrag stand: „Die Fassade wird gedämmt.“ Er ging davon aus, dass die gesamten Außenwände gedämmt werden würden. Als er einziehen wollte, war nur die zur Straße hin gewandte Seite gedämmt und der Rest völlig unbehandelt. Der Verkäufer weigerte sich unter Berufung auf den Notarvertrag, mehr zu machen, und so ging die Sache vor Gericht.

Der Richter, ein älterer Mann um die 60, eröffnete das Verfahren. Er hörte sich geduldig das Plädoyer des klagenden Rechtsanwalts an. Dann kramte er unter seiner Richterbank ein Duden-Wörterbuch hervor und zitierte: „Die Fassade (von lateinisch fascis = Gesicht) ist die Vorderfront eines Hauses, die der Straßenseite zugewandt ist.“

Gelangweilt fragte er: „Wollen Sie wirklich einen Richterspruch? Oder halten Sie es nicht für sinnvoller, Ihre Klage zurückzuziehen?“

Neben Beziehungsstress führen also unklare Definitionen auch zu herben Verlusten im Geschäftsleben.

Ein weiteres Beispiel ist das Wort „grundsätzlich“. Fragt man Leute, was „grundsätzlich“ in dem Satz „So etwas mache ich grundsätzlich nicht!“ bedeutet, so bekommt man fast immer folgende Antwort: „Das heißt, ich mache so etwas nie!“ Schlägt man das Wörterbuch auf, liest man: „üblicherweise, Ausnahmen sind möglich“. Wenn also dein Beziehungspartner zu dir sagen würde: „Ich gehe grundsätzlich nie fremd“, würde er nicht lügen, wenn er in Ausnahmefällen doch fremdginge.

Zu Jahresende sagen einem viele Leute: „Einen guten Rutsch wünsche ich dir.“ Einige sagen dann im Januar: „Bist du denn gut ins neue Jahr gerutscht?“ Während die erste Aussage völlig korrekt ist, ist die zweite völliger Schwachsinn. Das Wort „Rutsch“ kommt nämlich nicht von Rutschen, sondern aus dem Jüdischen „Rosch“, was so viel bedeutet wie „Neustart“.

So leicht kann man sich also blamieren, Geld verlieren und seine Beziehung ruinieren, weil einem nie beigebracht wurde, die Wörter
nachzuschlagen, die man dauernd benutzt.

[Etwas längeres] Resümee:

Wörter sind die Verkehrszeichen im zwischenmenschlichen Verkehr. Gehe nicht davon aus, dass du die Definition kennst, wenn du sie nicht in einem offiziellen Wörterbuch verifiziert hast. Oft kennt man nur eine oder zwei Definitionen von insgesamt sieben. Beispielsweise heißt das Wort „zurichten“ in einer Definition „in einer Reihe ausbringen“, in der zweiten Definition „verschandeln“.

Das ist ganz schön unangenehm, wenn du davon nur eine kennst. Außerdem solltest du nicht davon ausgehen, dass die anderen die Definitionen kennen. Deswegen solltest du, bevor du dich aufregst, erst einmal die Definitionen aufeinander abstimmen! Zusätzlich gibt es auch noch subjektive Definitionen, denn jeder definiert „schön“ oder „gut“ völlig anders

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