Definition „gewerblich“

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Über diese Lektion

Beim meisterhaften Spiel der Steuer willst Du manchmal gewerblich sein, manchmal willst Du es unbedingt vermeiden. Damit Du die jeweils richtige Bedeutung korrekt zuweisen kannst, ist es wichtig dieses Thema vollständig zu verstehen. (2019)

Transkript

Die nächste Falle ist das Nichtkennen der Definition gewerblich.

Grundsätzlich gilt jede sich wiederholende Tätigkeit mit werbendem, nach außen gerichtetem Charakter mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, als Gewerbe.

Es gibt allerdings verschiedene Definitionen.

Einmal zum Beispiel für die Gewerbeordnung und dann die steuerliche Definition nach Paragraf 15 Absatz 2 Einkommensteuergesetz. Wenn Du z.B. eine Immobilie verkaufst und dafür Provision bekommst, dann ist das nicht unbedingt genehmigungspflichtig. Machst Du das allerdings gewerblich, brauchst Du den sogenannten Paragraph 34 c Gewerbeordnung.

Also langer Rede kurzer Sinn, ich will nur eine Sache rüberbringen: Gewerblich ist unterschiedlich definiert im Steuerrecht wie im Gewerberecht wie in anderen Rechtsformen. Die Gemeinsamkeiten sind aber immer eine wirtschaftliche Tätigkeit, es ist dauerhaft bzw. wiederholend, unter eigener Verantwortung, auf eigene Rechnung.

Das heißt, Du schreibst Rechnungen - oder Du solltest zumindest Rechnungen schreiben - mit dem Zweck einer Gewinnerzielung. Du nimmst am Markt teil und die ganze Aktion ist nach außen gerichtet und teilweise einen Geschäftsbetrieb erfordernd.

Hier gilt allerdings bei diesen Kriterien mehr der Fakt als das Papier. Das heißt, es wird nachgeprüft: Wird es auch so gelebt, wie es vorgegeben wird.

Konsequenzen, wenn Du gewerblich bist: Du bist grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig. Es gibt zwar ein Gewerbesteuerfreibetrag, aktuell liegt er bei 24.500 Euro pro Gewerbebetrieb. Das heißt, hast Du z.B. eine Einzelunternehmung und eine GbR, hättest Du es zweimal - das kann okay sein, in manchen Fällen ist es aber fatal, zum Beispiel beim Arzt. Ein Arzt ist ein sogenannter Freiberufler und Freiberufler sind grundsätzlich von der Gewerbesteuerpflicht befreit.

Wenn dieser Arzt aber jetzt z.B. Nahrungsergänzungsmittel verkauft, dann infiziert sich dieser Arzt gewerblich, selbst wenn es nur ein Prozent seines Umsatzes ausmacht. Es gilt nämlich das Prinzip: Ein bisschen gewerblich, voll gewerblich.

Neben der Gewerbesteuerpflicht fällt eventuell Umsatzsteuer an. Eventueller Wegfall von Privilegien - Privilegien, weil Du eben nicht gewerblich bist, wie beim Arzt - und, und dazu kommen wir später noch ganz explizit, Betriebsaufspaltung. Das heißt, die Immobilie wird von Vermietung und Verpachtung umqualifiziert in einen fiktiven Gewerbebetrieb und das möchtest Du nicht. Denn wenn Du die Immobilie dann nach zehn Jahren verkaufst, ist sie eben nicht steuerfrei, weil es Gewerbebetrieb ist und im Gewerbebetrieb als Anlagevermögen gilt.

Das bedeutet, Du versteuert den vollen Verkaufsgewinn zuzüglich aller Abschreibungen, die Du gemacht hast, die werden obendrauf wieder gerechnet zu dem Gewinn, und zahlst darauf nicht nur Einkommenssteuer, sondern auch noch Gewerbesteuer.

Jetzt muss man aber wissen, es ist grundsätzlich kein Problem, gewerblich zu sein. Manchmal ist es sogar erwünscht. In manchen Fällen ist es sehr unangenehm. Da werden wir auch im Laufe des Coachings ganz intensiv darauf eingehen.

Du musst aber nur wissen: Was ist gewerblich, was ist nicht gewerblich.

Möchtest Du z.B. verschiedene Förderungen nutzen, die nur in gewerblicher Form möglich sind, dann möchtest Du gewerblich sein. Bei Immobilien möchtest Du möglichst nicht gewerblich sein.

Schauen wir uns das Problem bei Immobilen an. Unter zehn Jahren gilt der Paragraf 23 Einkommensteuergesetz, Private Veräußerungsgeschäfte. Also wenn Du eine Immobilie verkaufst, die Du vermietet hast, unterhalb von zehn Jahren zwischen Kaufvertrag und Verkaufsvertrag, dann wird Einkommensteuer fällig.

Ausnahme dabei sind übrigens selbstgenutzte Immobilien, dort gelten andere Regeln.

Aber es wird nur Einkommensteuer fällig und nicht Gewerbesteuer.

Verkaufst Du dagegen mehr als drei Objekte in einem Fünf-Jahres-Zeitraum, wirst Du umqualifiziert in gewerblichen Grundstückshandel. Das heißt, Zuweisung der Bedeutung zu den Zahlen und dann wird Gewerbesteuer fällig, weil Du auf einmal gewerblichen Grundstückshandel machst.

Das heißt, Du hast erstens den Verlust der Steuerfreiheit nach zehn Jahren auf Veräußerungsgewinne. Außerdem wird das ganze Ding umqualifiziert im Betriebsvermögen, das heißt, Du hast die Nachzahlung aller Abschreibung und Steuervorteile. Das heißt, es wird die Differenz gemacht zwischen Verkaufspreis und Buchwert. Buchwert ist praktisch der Wert der Immobilie abzüglich Deiner Abschreibung.

So, und in diesem Fall wird dieser Immobilie die falsche Bedeutung zugewiesen, nämlich Gewerblichkeit. Du möchtest gern Vermögensverwaltung, nämlich private Vermögensverwaltung. Dann wäre es nämlich steuerfrei.

Was können mögliche Auslöser sein, dass Deine Immobilie ins Betriebsvermögen umqualifiziert wird?

Das heißt, auch der Steuerprüfer spielt das Steuerspiel. Er versucht auch, Deinen Zahlen eine andere Bedeutung beizumessen, und er wird versuchen, zum Beispiel Immobilien, die steuerfrei wären, in die Gewerblichkeit zu ziehen. Mögliche Auslöser dafür wären: Vermietung kürzer zwölf Monate - das legt den Verdacht nahe, dass es gewerblich ist. Oder Du nutzt Airbnb - so, das heißt, Du machst ganz kurzfristige Vermietung. Noch schlimmer hotelähnliche Servicedienstleistungen - also das heißt, Du vermietest über Airbnb und bringst noch ein bisschen Kaffee und Brötchen ans Bett oder machst denn Wäscheservice.

Oder ein anderes Beispiel. Du siedelt Dein eigenes Gewerbe an oder eine Praxis bei einem Arzt in Deiner eigenen Immobilie. Oder Du kaufst ein Mehrfamilienhaus an, hältst das zehn Jahre und kurz bevor die zehn Jahre rum sind, teilst Du es auf und verkaufst es dann nach den zehn Jahren als Einzelwohnungen - das ist eine gewerbliche Tätigkeit.

Oder Du machst, kurz bevor Du verkaufst, wertsteigernde Renovierungen kurz vor Ende der Spekulationsfrist, und glaube mir, das möchtest Du vermeiden.

Sonstige Gefahrenquellen, z.B. KFZ-Handel. Nehmen wir an, Du magst Autos. Du kaufst immer wieder regelmäßig ein neues Auto, fährst es ein bisschen und verkaufst es wieder. Dann könnte der Betriebsprüfer versuchen, das in einen KFZ-Handel zu qualifizieren, um schön zu kassieren: Umsatzsteuer, Gewerbesteuer, Einkommenssteuer.

Auch viele, die bei eBay etwas mehr verkaufen als nur ihre Privatsache, sondern wirklich von Freunden Zeugs einsammeln oder auch noch Werbung dafür machen, oder Amazon oder was auch immer, all das wird gerne in gewerbliche Einkünfte mit vollen Konsequenzen umqualifiziertert.

Es gibt aber auch den anderen Fall. Manchmal will man gewerblich sein wegen z.B. folgender Privilegien. Du möchtest zum Beispiel Anschaffungsverluste bei Einnahmen-Überschuss-Rechnungen anrechnen mit anderen Einkunftsarten. Dann ist es sinnvoll, dass Du unbedingt gewerblich bist.

Umgekehrt wird der Steuerprüfer natürlich auch wissen, was Du da vorhast und wird natürlich versuchen, Fehler zu finden, die Du gemacht hast, so dass er Dich umqualifiziert in eine Privataktion. Deswegen kannst Du auch keine Verluste verrechnen.

Außerdem, wenn Du gewerblich bist, kannst Du gewisse Vorteile nutzen und kannst z.B. Investitionsabzüge machen, teilweise bis 100 Prozent, und zwar sowohl auf real angeschaffte bewegliche Wirtschaftsgüter als auch auf geplante, das heißt, Du hast sie noch gar nicht gekauft.

Du kannst auch die Umsatzsteuer abziehen, das nennt man dann Vorsteuerabzug etc. Später noch viel mehr dazu. Das Risiko wäre also, Dir wird das Gewerbe aberkannt. Der Prüfer sagt einfach: „Nee, Du hast ja gar keine Gewinnerzielungsabsicht. Du bist nicht genug werblich tätig und somit sind Deine Privilegien weg.“

Und der Prüfer wird immer versuchen, für den Fiskus umzuqualifizieren. Und Du solltest in diesem Spiel wesentlich besser vorbereitet sein als er.


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