Vorratsvermögen

Vorräte bilden gemäß HGB-Bilanzgliederungsschema die erste Unterkategorie an Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens. Wie die anderen Teile des Umlaufvermögens auch, sind die Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens nur kurzfristiger Bestandteil des Betriebsvermögens und dienen der Produktion und generellen Umsatzerbringung für ein Unternehmen.

Vorratsvermögen: Verbrauch, Verarbeitung, Verkauf

Die Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens sind prinzipiell zum Verbrauch oder zur Verarbeitung oder alternativ zum Verkauf bestimmt und bilden keinen dauernden betrieblichen Vermögensbestand. Innerhalb des Vorratsvermögens wird unterschieden zwischen Werkstoffen inkl. Halb- und Fertigerzeugnissen, Waren sowie geleisteten Anzahlungen, da diese oftmals auf Vorräte und an Lieferanten erfolgen.

Gliederung des Vorratsvermögens:

  • Werkstoffe (Roh- Hilfs-, Betriebsstoffe) inkl. Halb- und Fertigerzeugnisse
  • Waren
  • Geleistete Anzahlungen

In der Handels- und Steuerbilanz werden Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens mit den jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt und unterliegen dem Grundsatz der Einzelbewertung. Die Bestandsaufnahme erfolgt mittels einfacher Verfahren wie Gruppenbildung und Veränderungen des Bestands werden durch jährliche Inventuren festgestellt und festgehalten.

Rohstoffe: Hauptbestandteile eines Produkts

Rohstoffe sind absolut unbehandelte Werkstoffe und bilden in einem Produktionsbetrieb die Grundlage für fertige Erzeugnisse. Hierbei wird einerseits zwischen Primärrohstoffen und Sekundärrohstoffen unterschieden und andererseits hinsichtlich der Erneuerbarkeit von Rohstoffen.

Unterscheidung von Rohstoffen

  • hinsichtlich der Quelle: primär oder sekundär
  • hinsichtlich der Erneuerbarkeit: erneuerbar oder nicht erneuerbar

Primärrohstoffe & Sekundärrohstoffe

Primärrohstoffe sind natürliche Ressourcen und werden direkt aus der Natur gewonnen. Dies sind beispielsweise Kohle, Wolle, Erdöl und Erdgas, Eisenerze wie auch Holz. Sekundärrohstoffe werden stattdessen aus Recycling gewonnen oder sind Nebenprodukte bzw. Abfälle von Produktionsverfahren. Gängige Sekundärrohstoffe sind Metalle, Glas, Papier und Kunststoffe.

Beispiele für Primärrohstoffe:

  • Kohle
  • Wolle
  • Erdöl
  • Erdgas
  • Eisenerze
  • Holz

Beispiele für Sekundärrohstoffe:

  • Metalle
  • Glas
  • Papier
  • Kunststoffe

Erneuerbare & nicht-erneuerbare Rohstoffe

Holz oder Weizen sind erneuerbare bzw. regenerierbare Rohstoffe und wachsen aufgrund ihrer natürlichen Begebenheiten wieder nach. Auch Pflanzenfasern und -öle, Zucker wie auch Stärke zählen zu den nachwachsenden Rohstoffen. Mineralstoffe sind anorganische Stoffe, die von der Natur über einen Zeitraum von mehreren Millionen Jahren in Erdkurste und Erdmantel erzeugt wurden und können daher nicht aktiv gefördert werden.

Beispiele hierfür sind Gesteine und Sedimente, Salze, Erze und fossile Rohstoffe. Diese Stoffe sind somit nicht erneuerbar und jegliche Verwendung ein Widerspruch zu dem Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit, insofern die Nutzung nicht durch Recyclingprozesse wieder rückgängig gemacht werden kann.

Beispiele für erneuerbare Rohstoffe:

  • Holz
  • Weizen
  • Pflanzenfasern
  • Pflanzenöle
  • Zucker
  • Stärke

Beispiele für nicht-erneuerbare Rohstoffe:

  • Gesteine
  • Sedimente
  • Salze
  • Erze
  • Fossile Rohstoffe

Ursprüngliche & bearbeitete Rohstoffe

Manchmal wird zudem – fälschlicherweise – zwischen Rohstoffen in ihrem ursrpünglichen Zustand und bearbeiteten Rohstoffen differenziert: Gold und andere Edelmetalle zählen hier als unbearbeitete und folglich ursprüngliche Rohstoffe, da sie – abgesehen von der Förderung aus der Natur – keine substanziellen Änderungen erfahren haben, wohingegen Metalldrähte und Feinbleche in ihrem Usprungszustand verändert wurden und daher von einigen auch „bearbeitete Rohstoffe“ genannt werden.

Dies ist jedoch eine verfälschte Ansicht, da eine der Grundvoraussetzungen für eine Zuordnung zu den Rohstoffen die absolute naturgemäße Unversehrtheit des Stoffes darstellt. Ein bearbeiteter Rohstoff kann folglich nicht länger als Rohstoff gewertet werden, sondern muss den Hilfsstoffen – und somit einer ganz anderen Werkstoffgruppe – zusortiert werden, insofern er weiterhin im Produktionsverfahren eingesetzt und nicht als fertiges Erzeugnis veräußert wird.

Hilfsstoffe: Nebenbestandteile eines Produkts

Hilfsstoffe spielen in der Produktion eine untergeordnete Rolle. Sie sind notwendig, um aus Rohstoffen fertige Erzeugnisse produzieren zu können, bilden allerdings mengen- und wertmäßig nur einen geringen Anteil am Endprodukt. Hierunter fallen alle Werkstoffe, die während des Produnktionsprozesses in ein anderes Gut übergehen.

Generell wird zwischen festen Hilfsstoffen und flüssigen Hilfsstoffen differenziert. Zu den festen Hilfsstoffen zählen bearbeitete Metalle – beispielsweise Stahl – sowie Nägel und Schrauben, aber auch Verpackung und Gummi. Flüssige Hilfsstoffe sind oftmals Lacke und Farben oder Weichmacher. Auch Klebstoffe, Holzleim oder Konservierungsmittel in Lebensmitteln zählen in diese Rubrik.

Beispiele für flüssige Hilfsstoffe:

  • Lacke
  • Farben
  • Weichmacher
  • Klebstoffe
  • Holzleim
  • Konservierungsmittel

Beispiele für feste Hilfsstoffe:

  • Stahl
  • Nägel
  • Schrauben
  • Verpackung
  • Gummi

Betriebsstoffe: Verbrauchsgüter innerhalb der Produktion

Betriebsstoffe sind für Produktionsbetriebe ebenfalls maßgeblich von Bedeutung. Sie enden allerdings nicht als Bestandteil des Endproduktes, sondern werden bereits im Rahmen der Produktion bzw. Produkterzeugung gebraucht oder verbraucht. Diese Werkstoffe zählen daher kategorisch zu den Verbrauchsgütern und gelten als Repetierfaktoren. Das heißt, sie zähen zu denjenigen Produktionsfaktoren, die während des Produktionsprozesses verbraucht und somit nur ein einziges Mal eingesetzt werden können.

Dies gilt sowohl für Treibstoffe wie Benzin als auch für Schmierstoffe, also bestimmte Öle und Fette. Auch Reinigungsmittel und Kühlmittel zählen zu den Betriebsstoffen, ebenso wie Brennstoffe. Doch auch Strom ist ein häufiger Betriebsstoff, da er die notwendigen Produktionsmaschinen antreibt und in den Produktions- und Lagerhallen für Licht und Wärme sorgt.

Beispiele für Betriebsstoffe:

  • Treibstoffe
  • Schmierstoffe
  • Reinigungsmittel
  • Kühlmittel
  • Brennstoffe
  • Strom

Im Gegensatz hierzu können sogenannte Potenzialfaktoren – wie zum Beispiel Betriebsmittel und die von Menschen erbrachte Arbeitsleistung – über einen längeren Zeitraum im Produktionsprozess genutzt werden. Die Unterscheidung zwischen Repetierfaktor und Potenzialfaktor erfolgt somit hinsichtlich des Gebrauchs und Verbrauchs von Gütern innerhalb der Produktion.

Unfertige und fertige Erzeugnisse bzw. Leistungen

Als unfertig gilt ein Erzeugnis immer dann, wenn es durch eine vorhergehende Bearbeitung oder Verarbeitung betriebsintern Kosten verursacht hat, ohne bereits veräußerungsfähig zu sein. Es handelt sich hierbei also um Halbfabrikate und Zwischenerzeugnisse – beispielsweise behandelte oder verarbeitete Rohstoffe -, die ohne nachfolgende Produktionsschritte kein eigenes Produkt darstellen.

Fertigerzeugnisse sind marktreife Produkte aus Eigenerzeugung, die im Lager bzw. Warenausgang bereitstehen und für eine umsatzsteigernde Veräußerung bestimmt sind. Da sie einen beträchtlichen Teil am Gesamtvermögen eines Unternehmens ausmachen können, unterliegen sie der Bilanzierungspflicht.

Beispiel – Pkw (Erzeugnis):

Ein Pkw, der noch einer Endkontrolle unterzogen werden muss, bevor er als verkaufstüchtig gewertet werden kann, gilt als Halberzeugnis. Bautechnisch sind zwar alle Maßnahmen getroffen worden, doch ohne die Kontrolle darf das Fahrzeug nicht veräußert werden. Sobald die Kontrolle durchgeführt wurde und das Fahrzeug alle Sicherheitskriterien erfüllt, geht es in den Verkauf und wird als fertiges Erzeugnis geführt.

Beispiel – Bauplan (Leistung):

Ähnliches trifft auf unfertige und fertige Leistungen im Tertiären Sektor zu: Begonnene Leistungen, beispielsweise die eines Architekten, gelten als unfertig, während vollendet Leistungen wie der fertige Bauplan einer Neubau-Immobilie entsprechend als fertige Leistungen erachtet werden.

Bilanzierung fertiger Erzeugnisse

Die Bilanzierung fertiger Erzeugnisse erfolgt nach den Kosten, die im Rahmen der Herstellung aufgewand worden sind. Die Herstellungskosten können sich aus den verbrauchten Werkstoffen, den Kosten für Lagerung und Verwaltung sowie den personellen Aufwendungen – also Löhnen und Gehältern – zusammensetzen. Auch Abschreibungen am Anlagevermögen und Zinsen auf Fremdkapital während der Herstellung können bei der Festlegung der Herstellungskosten berücksichtigt werden.

Mögliche Bestandteile der Herstellungskosten:

  • Werkstoffe
  • Lagerkosten
  • Verwaltungskosten
  • Löhne
  • Gehälter
  • Abschreibungen am Anlagevermögen
  • Zinsen auf Fremdkapital im Herstellungszeitraum

Verkaufsbezogene Erlösminderung

Darüber hinaus müssen erlösmindernde Verkaufsfaktoren berücksichtigt werden: unter anderem Skonti, Boni und Rabatte, sowie Kosten für Verpackung und Fracht, wie auch zeitlich begründete Qualitätsverluste.

Beispiele für Erlösminderung beim Verkauf:

  • Skonti
  • Boni
  • Rabatte
  • Verpackungskosten
  • Frachten
  • Zeitlich begründete Qualitätsverluste

Berechnung von Herstellungskosten

Rechnerisch setzen sich die Herstellungskosten immer wie folgt zusammen:

Herstellungskosten I – Materialkosten:

  • Materialeinzelkosten (Roh- Hilfs- Betriebsstoffe) + Materialgemeinkosten

+ Herstellungskosten II – Fertigungskosten:

  • Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne) + Fertigungsgemeinkosten + Sondereinzelkosten der Fertigung

= Aktivierungspflichtige Herstellungskosten: Untergrenze

+ Herstellungskosten III – Optionale Kosten:

  • Verwaltungsgemeinkosten
  • Aufwendungen für
    • soziale Einrichtungen
    • freiwillige soziale Leistungen
    • die betriebliche Altersvorsorge
  • Fremdkapitalzinsen (bedingt)

= Aktivierungsfähige Herstellungskosten: Obergrenze

Ein Unternehmen kann sich also entscheiden, ob es als Herstellunsgkosten die Wertuntergrenze oder die Wertobergrenze ansetzt. Sondereinzelkosten des Vertriebs, Vertriebsgemeinkosten und Forschungskosten dürfen keinesfalls als Kosten in die Berechnung einfließen. Nach Festellung der Herstellungskosten wird die Anzahl der Produkte mit den jeweils zutreffenden Kosten multipliziert und das Produkt der beiden Werte in die Bilanz aufgenommen.

  • Bilanzierungswert der Fertigerzeugnisse = Herstellungskosten (Ober- oder Untergrenze) mal (*) Anzahl der Produkte

Waren: Fremdhergestellte Handelsgüter

Waren grenzen sich von unfertigen oder fertigen Erzeugnissen insofern ab, als dass sie nicht betriebsintern hergestellt wurden. Stattdessen werden sie fremdhergestellt und zwecks direkten Weiterverkaufs erworben. Vor ihrer Veräußerung unterlaufen sie keine weiteren Produktionsschritte oder Veredelungen. Deshalb ist in diesem Zusammenhang auch oft von Handelswaren oder Handelsgütern die Rede.

Beispiel – Autoreifen:

Kauft ein Autobauer beispielsweise fertige Reifen bei einem Reifenhersteller, so handelt es sich aus Sicht des Reifenherstellers um fertige Erzeugnisse. Für den Autobauer, der die Reifen in das Auto einbaut, hingegen handelt es sich um Vorprodukte und der Wagen selbst – nach Abschluss aller notwendigen Baumaßnahmen und Sicherheitskontrollen – stellt sein fertiges Erzeugniss dar. Sollte er die Reifen allerdings zudem unverändert separat zum Verkauf anbieten, werden diese Reifen als Handelsware geführt.

  • Verkauf von Reifen: Fertigerzeugnisse des Reifenherstellers
  • Erwerb und Einsatz von Reifen in der Produktion: Vorprodukte des Autobauers
  • Verkauf von Autos: Fertigerzeugnisse des Autobauers
  • Weiterverkauf von Reifen: Handleswaren des Autobauers

Beispiel – Neubau-Immobilie:

Vergleichbares trifft auch auf Neubau-Immobilien zu: Beim Hausbau werden einerseits Werkstoffe benutzt – Stein und Holz als Rohstoffe; Leim und Mörtel als Hilfsstoffe; Strom ist ein gängiger Betriebsstoff – und anderserseits besondere Baustoffe wie Beton, Mineralwolle und Kalksandstein. Türen und Fenster sowie Fertigböden – Laminat, Parkett, Kork etc. – werden als Vorprodukte in der Regel fremdgewerblich hergestellt und nach Bedarf eingebaut.

Die sanierte oder renovierte Immobilie entspricht daher einem fertigen Erzeugnis. Für Immobilienmakler hingegen stellen Immobilien Handelswaren dar, da sie selbst für gewöhnlich keine Instandhaltungsarbeiten oder Modernisierung vornehmen.

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